19.09.2023 | 3 Bilder

Glacier Loss Day als Indikator für Gesundheit der Gletscher

Hintereisferner im Juni 2018 und 2022 © www.foto-webcam.eu

Blick auf den Hintereisferner am 23. Juni 2018 (links) und am 23. Juni 2022 (rechts). 2018 gilt als schlechtes Jahr für die Massenbilanz des Gletschers. 2022 ist die Situation aber nochmals dramatisch schlechter, da bereits im Juni kaum mehr eine schützende Schneedecke vorhanden ist

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Im Sommer 2022 verzeich­nete einer der größt­en Tiroler Glet­scher seinen bisher größt­en Massen­verl­ust. Der Hinter­eis­fern­er im Ötz­tal erreichte seinen Glacier Loss Day (GLD) so früh wie nie zuvor. Der GLD dient als Indi­kator für den Gesundh­eits­z­us­tand eines Gletschers im Jahresv­er­lauf, ähnl­ich wie der Earth Overshoot Day den Ressour­cen­verb­rauch der Erde misst. Ein Team von Gletscher­for­scher:innen mit Anne­lies Voord­en­dag am Institut für Atmo­sphären- und Kryo­sphärenw­issens­chaften der Universität Innsbruck setzt modern­ste Laser­scanning-Tech­niken zur Bestimmung des GLD ein.

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Im Sommer 2022 verzeich­nete einer der größt­en Tiroler Glet­scher seinen bisher größt­en Massen­verl­ust. Der Hinter­eis­fern­er im Ötz­tal erreichte seinen Glacier Loss Day (GLD) so früh wie nie zuvor. Der GLD dient als Indi­kator für den Gesundh­eits­z­us­tand eines Gletschers im Jahresv­er­lauf, ähnl­ich wie der Earth Overshoot Day den Ressour­cen­verb­rauch der Erde misst. Ein Team von Gletscher­for­scher:innen mit Anne­lies Voord­en­dag am Institut für Atmo­sphären- und Kryo­sphärenw­issens­chaften der Universität Innsbruck setzt modern­ste Laser­scanning-Tech­niken zur Bestimmung des GLD ein.

Der Hintereisferner im hinteren Tiroler Ötztal wird seit mehr als 100 Jahren genau beobachtet, seit 1952 gibt es kontinuierliche Aufzeichnungen seiner Massenbilanz. Damit gehört er zu den am besten untersuchten Gletschern der Alpen und ist seit Jahrzehnten ein wichtiges Forschungsfeld der Gletscher- und Klimaforschung an der Universität Innsbruck. Seit 2016 erheben die Forscherinnen und Forscher die Gletscherdaten auch mit einem hochmodernen und weltweit einzigartigen System: Die Oberfläche des Gletschers wird täglich mit einem terrestrischen Laserscanner abgetastet, der die Höhenänderungen der Gletscheroberfläche beobachtet. Auf diese Weise wird die Veränderung des Volumens des Hintereisferners in Echtzeit verfolgt. Die Innsbrucker Gletscherforscherin Annelies Voordendag leitete die Messungen vor Ort am Hintereisferner, die Ergebnisse wurden nun als Highlight-Artikel im Fachmagazin The Cryosphere veröffentlicht.
„Bereits im Frühsommer 2022 zeichnete sich ab, dass der Tag, an dem das im Winter zugelegte Eis zu schmelzen beginnt, sehr bald erreicht sein wird. Wir nennen diesen Tag den Glacier Loss Day oder kurz GLD. Er ist vergleichbar mit dem Earth Overshoot Day – jener Tag, an dem wir mehr natürliche Ressourcen verbrauchen, als die Erde in einem Jahr erneuern kann“, erklärt Annelies Voordendag. Die tägliche Überwachung des Volumens und der Massenveränderungen eines Gletschers ermöglicht eine schnelle Bewertung seines aktuellen Zustands.

Überwachte Gletscher

Je früher der Glacier Loss Day eintritt, desto mehr Zeit verbleibt bis zum Ende des Sommers, in der der Gletscher an Volumen und damit an Masse verliert. „Wir verfolgen die täglichen Volumenänderungen mit dem automatischen terrestrischen Laserscanner über dem Gletscher und ermitteln den Tag, an dem die im Winter gewonnene Masse verloren gegangen ist“, sagt Voordendag. Im Jahr 2022 wurde der GLD am 23. Juni gemessen. In den beiden Vorjahren 2021 und 2020 wurde der GLD erst Mitte August erreicht. Auch in Jahren mit negativen Bilanzextremen – wie 2003 und 2018 – wurde dieser Tag erst Ende Juli erreicht. Auch wenn nicht jeder Sommer in Zukunft zwangsläufig so verlaufen wird wie jener im Jahr 2022, ist der Trend für die Gletscherforscher:innen eindeutig, da die Entwicklungen außerhalb der normalen Schwankungsbreite liegen: „Das sind klare Signale des Klimawandels, die auf die vom Menschen verursachte Erderwärmung und die Folgen unserer Treibhausgasemissionen zurückzuführen sind, die uns heute schon voll treffen“, ergänzt Rainer Prinz von der Arbeitsgruppe „Eis und Klima“ in Innsbruck. Auch die Zukunftsprognosen der Entwicklung zeichnen kein ermutigendes Bild. „In 10 bis 20 Jahren wird nur noch die Hälfte des Hintereisferners übrig sein“, fasst das Team in seiner Studie zusammen.

Publikation:
Voordendag, A., Prinz, R., Schuster, L., and Kaser, G.: Brief communication: The Glacier Loss Day as an indicator of a record-breaking negative glacier mass balance in 2022, The Cryosphere, 17, 3661–3665, https://doi.org/10.5194/tc-17-3661-2023.

Link:
Arbeitsgruppe „Eis und Klima“ am Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften

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Bilder (3)

Hintereisferner im Juni 2018 und 2022
10 375 x 3 100 © www.foto-webcam.eu
Containergehäuse des terrestrischen Laserscanners
4 464 x 2 976 © Eva Fessler
Feldarbeit am Gletscher
9 392 x 2 160 © Rainer Prinz


Kontakt

Annelies Voordendag
Annelies Voordendag
Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften
Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 507 54404
Mail: annelies.voordendag@uibk.ac.at

Rainer Prinz
Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften
Universität Innsbruck
Tel.: +43 512 507 54415
Mail: rainer.prinz@uibk.ac.at

Melanie Bartos
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck
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Mobil: +43 676 8725 32021
E-Mail: melanie.bartos@uibk.ac.at