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Neuer Klimabericht zeigt: Klimawandel trifft Österreich besonders hart

Daniel Huppmann (IIASA), Margreth Keiler (Uni Innsbruck), Harald Rieder (BOKU) und Keywan Riahi (IIASA) sind die vier Co-Vorsitzenden des Berichts, an dem rund 200 Wissenschaftler:innen gearbeitet haben.
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Der Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2) liefert auf rund 800 Seiten eine umfassende wissenschaftliche Analyse der Klimawandelfolgen in Österreich und zeigt mögliche Wege für eine nachhaltige Transformation auf. Über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 50 Institutionen haben über drei Jahre hinweg interdisziplinär an dem Bericht gearbeitet, der durch den Klima- und Energiefonds mit Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) finanziert wurde. Von der Universität Innsbruck waren mehrere Forscher:innen beteiligt, darunter Margreth Keiler als Co-Vorsitzende des Berichts.

Der Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel (AAR2) liefert auf rund 800 Seiten eine umfassende wissenschaftliche Analyse der Klimawandelfolgen in Österreich und zeigt mögliche Wege für eine nachhaltige Transformation auf. Über 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus mehr als 50 Institutionen haben über drei Jahre hinweg interdisziplinär an dem Bericht gearbeitet, der durch den Klima- und Energiefonds mit Mitteln des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Klima- und Umweltschutz, Regionen und Wasserwirtschaft (BMLUK) finanziert wurde. Von der Universität Innsbruck waren mehrere Forscher:innen beteiligt, darunter Margreth Keiler als Co-Vorsitzende des Berichts.

Der Zweite Österreichische Sachstandsbericht zum Klimawandel AAR2 wurden heute im Rahmen eines Pressegesprächs des Bundesministeriums in Wien präsentiert.

  • Die Temperatur in Österreich ist seit 1900 um rund 3,1 °C gestiegen – mehr als doppelt so stark wie im globalen Durchschnitt.
  • Extremwetterereignisse wie Hitze, Dürre, Starkregen und Muren nehmen zu – mit erheblichen Folgen für Gesundheit, Infrastruktur, Landwirtschaft und Tourismus.
  • Vorsorgender Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen sind dabei auf lange Sicht deutlich kostengünstiger als die Bewältigung der Schäden, die durch den Klimawandel verursacht werden.

 
„Der Klimawandel ist längst bei uns angekommen – und er betrifft unser aller Leben. Mit dem neuen Klimasachstandsbericht halten wir jetzt ein wissenschaftliches Fundament in Händen, das zeigt, wie tiefgreifend die Veränderungen in Österreich bereits sind – aber auch, wie viele Möglichkeiten wir haben, gegenzusteuern. Die Zahlen sind eindeutig, aber sie sind kein Grund zur Resignation, sondern ein klarer Auftrag zum Handeln“, sagte Umwelt- und Klimaminister Norbert Totschnig. „Der Bericht ist mehr als ein wissenschaftliches Werk – er zeigt auch Werkzeuge und Lösungsansätze auf. Wenn wir die richtigen umwelt- und klimapolitischen Weichen stellen, können wir unsere Heimat schützen, unsere Wirtschaft transformieren und die Lebensqualität für kommende Generationen sichern. Ich danke allen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, die diesen Bericht erarbeitet haben. Sie liefern damit nicht nur Fakten, sondern Orientierung – für Politik, Wirtschaft und jede und jeden Einzelnen von uns. Jetzt liegt es an uns, diese Verantwortung gemeinsam zu übernehmen“, so Totschnig.

Österreich vom Klimawandel besonders betroffen

Österreich ist vom Klimawandel besonders betroffen, Risiken und Auswirkungen nehmen mit fortschreitender Erwärmung zu. „Die Folgen der Klimakrise gefährden unseren Wohlstand und verschärfen auch hierzulande soziale Ungleichheiten. Der Bericht zeigt vielfältige Handlungsoptionen auf und betont, dass realistische, sozial verträgliche und wirtschaftlich tragfähige Wege hin zur Klimaneutralität vorhanden sind. Es gibt eine Fülle von Handlungsoptionen, aber sie müssen jetzt rasch genutzt werden“, sagt Margreth Keiler von der Universität Innsbruck und der ÖAW, Co-Vorsitzende des Sachstandsberichts.
 
Koordiniert wurde der Bericht neben Margreth Keiler durch die Co-Vorsitzenden Daniel Huppmann (IIASA), Keywan Riahi (IIASA) sowie Harald Rieder (BOKU Wien). 
 

Klimaziele sind erreichbar – durch rasches Handeln

Österreichs Treibhausgasemissionen sind in den vergangenen Jahren gesunken. Co-Vorsitzender Keywan Riahi (IIASA) betont, dass im internationalen Vergleich die Pro-Kopf-Emissionen weiterhin hoch sind: „Die derzeit umgesetzten Maßnahmen sind ein Schritt in die richtige Richtung, sie sind jedoch nicht ausreichend, um das Ziel der Klimaneutralität im Jahr 2040 zu erreichen. Wenn keine weiteren Maßnahmen gesetzt werden, beträgt die Reduktionslücke im Jahr 2030 bis zu 10 Megatonnen CO₂-Äquivalente, um die mit der EU vereinbarten Ziele zu erreichen.“ Österreich kann die Emissionsreduktionsziele durch zusätzliche Maßnahmen aber erreichen, sind sich die Autorinnen und Autoren des Berichts einig. Österreichs verbleibendes Kohlenstoff-Budget, das sich aus den Zielen des Pariser Klimaübereinkommens ergibt, ist weitgehend ausgeschöpft. „Durch seinen Beitrag zur Erfüllung der Klimaziele wird Österreich auch seiner internationalen Verpflichtung gerecht. Unser Bericht zeigt die Synergien zwischen Emissionsreduktion, Anpassung und nachhaltiger Entwicklung”, so Riahi.

Transformation als Chance

Alle Sektoren sind gefordert: „Zur Erreichung der Klimaziele müssen rasch weitere wirksame Maßnahmen umgesetzt werden“, betont Co-Vorsitzender Daniel Huppmann vom Internationalen Institut für angewandte Systemanalyse IIASA. „Zentrale Hebel sind der vollständige Ausstieg aus fossilen Energieträgern, die rasche Elektrifizierung von Industrie, Mobilität und Wärmeversorgung, und ein gesellschaftlich getragener Fokus auf einen bewussten Umgang mit Ressourcen. Diese Maßnahmen sind nicht nur für den Klimaschutz wichtig, sie senken auch Österreichs Abhängigkeit von Energieimporten und reduzieren damit die Vulnerabilität gegen globale Preisschocks von Öl und Gas.“
Der Bericht zeigt Synergien in vielen gesellschaftlichen Bereichen auf. Etwa durch den Ausbau von öffentlichem Verkehr und Radinfrastruktur, die Sanierung von Gebäuden, Umstieg auf klimafreundliche Wärmeversorgung, Begrünung von Städten als Maßnahme gegen Hitzeinseln, den Schutz von Feuchtgebieten sowie eine aktive Anpassung in Tourismus und Landwirtschaft. Für alle Maßnahmenbündel ist eine rasche, tiefgreifende und sektorübergreifende Umsetzung entscheidend. Denn, je länger die Umsetzung aufgeschoben wird, umso kleiner wird der verbleibende Handlungsspielraum und umso wahrscheinlicher werden Grenzen der Anpassung erreicht.

Interdisziplinäre Beteiligung von Innsbrucker Forschenden

Vonseiten der Universität Innsbruck sind gemeinsam mit Margreth Keiler als Co-Vorsitzende weitere 14 Forscher:innen in leitender Funktion tätig:

Koordinierende Leitautor:innen: Ulrike Tappeiner (Institut für Ökologie), Esther Blanco (Institut für Finanzwissenschaft), Wolfgang Streicher (Institut für Konstruktion und Materialwissenschaften), Robert Steiger (Institut für Finanzwissenschaft)

Leitautor:innen: Lindsey Nicholson (Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften), Manfred Kleidorfer (Institut für Infrastruktur), Elisabeth Gsottbauer (Institut für Wirtschaftstheorie, -politik und -geschichte), Michael Kirchler (Institut für Banken und Finanzen), Ulrich Remus (Institut für Wirtschaftsinformatik, Produktionswirtschaft und Logistik), Lars Keller (Institut für Geographie), Bernhard Gems (Institut für Infrastruktur, AB Wasserbau), Markus Mailer (Institut für Infrastruktur, AB Intelligente Verkehrssysteme), Mathias Rotach (Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften), Barbara Schneider-Muntau (Institut für Infrastruktur, AB Geotechnik)

Im Detail: Zentrale Aussagen des Berichts

Deutliche Zunahme von Extremwetterereignissen und Klimafolgen
Die Temperaturzunahme liegt in Österreich bei etwa 3,1 °C über dem vorindustriellen Niveau – deutlich stärker ausgeprägt als im globalen Schnitt. „Vor allem seit den 1980er-Jahren hat sich die Erwärmung mit rund 0,5 °C Zunahme pro Jahrzehnt merklich verstärkt. Das zeigt sich auch in einer deutlichen Zunahme von Extremereignissen wie Hitzetagen oder Trockenheit, die in den nächsten Jahrzehnten in Abhängigkeit von der Emissionsentwicklung weiter zunehmen werden. So könnten zum Beispiel Hitzeextreme bis zu drei Mal so häufig wie heute vorkommen”, erklärt Co-Vorsitzender Harald Rieder von der BOKU in Wien. Besonders spürbar sind diese Veränderungen in dicht besiedelten Gebieten. Städte wie Wien, Graz, Linz und Innsbruck verzeichnen eine rapide Zunahme der Hitzebelastung. Ohne die Umsetzung von verschiedenen Maßnahmen wie Hitzeschutzkonzepten oder angepasste Stadt- und Raumplanung wird sich die Belastung weiter verschärfen.
 
Auswirkungen auf den alpinen Raum
In den alpinen Regionen werden sich die Auswirkungen des Klimawandels verstärken. Die Erderhitzung setzt sensiblen Ökosystemen und in hohen Regionen Gletschern sowie Permafrostböden massiv zu. „Durch intensivere Starkregen steigt die Gefahr für Siedlungen und Infrastruktur durch Muren, Hochwasser und Rutschungen, während die lokalen Anpassungskapazitäten vielerorts begrenzt sind”, betont Margreth Keiler. Der Rückgang der Schneesicherheit stellt weite Teile des Schitourismus vor tiefgreifende strukturelle Herausforderungen. Bis zur Mitte des Jahrhunderts wird je nach Emissionsverlauf die Dauer der Schneedecke selbst in höheren Lagen um weitere 60 bis 80 Tage abnehmen. Regionen, deren wirtschaftliches Profil stark auf klassischen Wintersport ausgerichtet ist, drohen langfristige Einbußen bei Wertschöpfung, Arbeitsplätzen und regionaler Entwicklung, wenn keine gezielte Anpassung erfolgt. Auch die Stabilität und die Schutzwirkung der Wälder ist gefährdet. Gleichzeitig verändert sich durch die zunehmende Erhitzung auch die Wasserverfügbarkeit in vielen Regionen.
 
Soziale Dimension des Klimawandels
Nicht alle Menschen sind von den Folgen des Klimawandels gleichermaßen betroffen. „Der Klimawandel ist mehr als ein Umweltproblem, er betrifft unser gesamtes Wirtschafts- und Gesellschaftssystem. Wenn wir Emissionen wirksam reduzieren wollen, müssen wir auch soziale Ungleichheit und politische Handlungsspielräume in den Blick nehmen. Der Bericht zeigt, dass eine gerechte Transformation nicht nur möglich ist, sondern entscheidend für den Erfolg von Klimapolitik ist“, sagt Co-Vorsitzender Daniel Huppmann. Ältere Menschen, Personen mit niedrigem Einkommen und Menschen in prekären Wohnverhältnissen sind besonders vulnerabel. Insbesondere Frauen sind durch die ungleiche Verteilung von unbezahlter Pflege- und Sorgearbeit häufig benachteiligt. Gleichzeitig verursacht das einkommensstärkste Zehntel der Bevölkerung mehr als das Vierfache der Emissionen des einkommensschwächsten Zehntels und trägt damit viel stärker zum Klimawandel bei.
 
Kosten des Nichthandelns teurer als Investitionen in Klimaschutz und Anpassung
Bereits heute entstehen in Österreich durch die Auswirkung der Erderhitzung Schäden von rund zwei Milliarden Euro jährlich durch Hitze, Extremwetter, Infrastrukturbelastung oder Gesundheitsfolgen. Ohne wirksamen Klimaschutz und Anpassungsmaßnahmen könnten diese bis 2050 auf bis zu 10,8 Milliarden Euro pro Jahr ansteigen. Modellrechnungen zeigen, dass Investitionen in Klimaschutz und Anpassung langfristig deutlich günstiger sind als Nichthandeln. Co-Vorsitzender Harald Rieder unterstreicht diesen Aspekt besonders: „Ein vorausschauender, systematisch geplanter Klimaschutz rechnet sich – ökologisch, wirtschaftlich und sozial. Die Klimakrise ist kein Zukunftsszenario, sondern auch in Österreich längst Realität. Extreme Wetterereignisse, Hitzebelastung und Folgeschäden verursachen schon heute enorme Kosten. Der Bericht zeigt: Wenn wir jetzt handeln, können wir diese Risiken begrenzen und wirtschaftliche Stabilität sichern. Klimaschutz ist somit eine Investition in Wohlstand, Sicherheit und Lebensqualität. Unser Bericht ist eine solide wissenschaftliche Legitimationsbasis für entschlossenes gesellschaftliches Handeln.“
 
Unter dem Link https://aar2.ccca.ac.at/de finden sich folgende Informationen:

  • Zweiter Österreichischer Sachstandsbericht zum Klimawandel - Gesamtbericht in acht Kapiteln, interaktiv zugänglich
  • Zusammenfassung für die politische Entscheidungsfindung (Summary for Policymakers, SPM)
  • Kernaussagen des Berichtes
  • Grafiken
  • Weitere Informationen zum Bericht und den Autor:innen
PEAK – Klima, Biodiversität und Nachhaltigkeit im Fokus
PEAK – Klima, Biodiversität und Nachhaltigkeit im Fokus

Die menschengemachte Klimakrise hat bereits heute massive Auswirkungen, die sich künftig weiter verstärken werden. Der Weltklimarat zeigt klare Folgen und mögliche Maßnahmen auf. An der Universität Innsbruck forschen zahlreiche Expert:innen zu Klima und Nachhaltigkeit.

Mit dem Projekt PEAK (Perspectives on Engagement, Accountability and Knowledge) bündelt das Kommunikationsteam der Universität Innsbruck diese Expertise und präsentiert die Köpfe hinter der Forschung.

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Margreth Keiler

Margreth Keiler
Institut für Geographie
Universität Innsbruck
Mail: margreth.keiler@uibk.ac.at

Melanie Bartos
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
Universität Innsbruck
Mobil: +43 676 8725 32021
E-Mail: melanie.bartos@uibk.ac.at