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Tirol: Viele kleine Glet­scher ver­schwin­den bereits in den kom­men­den Jah­ren

Aktuelle Klimapolitik führt zu vollständigem Verlust

Glaziologe Martin Stocker-Waldhuber von der ÖAW neben einer Gletschermühle am Gepatschferner.
© Lea Hartl/ÖAW
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Der Erhalt von zumindest etwas Gletschereis in den Tiroler Alpen hängt wesentlich davon ab, ob die globale Temperaturgrenze von +1,5 °C eingehalten wird. Steigt die globale Durchschnittstemperatur darüber hinaus, ist in der Region mit dem vollständigen Verlust aller Gletscher zu rechnen – viele davon bereits in den nächsten Jahren. Das zeigt ein Forschungsteam der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie der Universitäten Innsbruck, Graz und Bristol auf Basis neuer regionaler Daten und Modellrechnungen.
Der Erhalt von zumindest etwas Gletschereis in den Tiroler Alpen hängt wesentlich davon ab, ob die globale Temperaturgrenze von +1,5 °C eingehalten wird. Steigt die globale Durchschnittstemperatur darüber hinaus, ist in der Region mit dem vollständigen Verlust aller Gletscher zu rechnen – viele davon bereits in den nächsten Jahren. Das zeigt ein Forschungsteam der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (ÖAW) sowie der Universitäten Innsbruck, Graz und Bristol auf Basis neuer regionaler Daten und Modellrechnungen.

Dass es den heimischen Gletschern nicht gut geht, ist mittlerweile mit freiem Auge zu sehen: Allein in der Region Ötztal/Stubai sind zwischen 2006 und 2017 rund 20 Prozent des gesamten Eises geschmolzen. Fünf Gletscher sind im gleichen Zeitraum komplett verschwunden. Wie lange sich das „ewige” Eis in den österreichischen Alpen noch halten kann, hängt stark von der Klimaentwicklung in den kommenden Jahren ab. In der Fachzeitschrift The Cryosphere stellt das österreichisch-britische Forschungsteam ein Gletschermodell vor, das auf Basis aktueller Daten aus Tirol verlässliche regionale Prognosen erlaubt.

„Dank der hochaufgelösten Beobachtungsdaten konnten wir unser Modell erstmals präzise für die Region kalibrieren. Unser Modell liefert dadurch realitätsnahe Prognosen, wie der Vergleich mit der tatsächlichen Entwicklung bis 2024 zeigt. Solche regionalen Daten sind entscheidend, um Vertrauen in die Modellprognosen zu schaffen“, sagt Patrick Schmitt vom Institut für Atmosphären- und Kryosphärenwissenschaften der Universität Innsbruck. Schmitt hat das Gletschermodell Open Global Glacier Model (OGGM) mitentwickelt.

Aktuelle Klimapolitik führt zu vollständigem Verschwinden

Die Ergebnisse der Gletscherforscher:innen sind ernüchternd: Selbst im optimistischen Szenario, das davon ausgeht, dass die globale Erwärmung 1,5 Grad Celsius nicht übersteigt, werden bis 2100 nur noch drei Prozent der heutigen Gletschermasse in der Region Ötztal/Stubai übrig sein. Die aktuelle Erwärmung liegt bereits bei rund 1,3 Grad Celsius. „Wenn wir von einer Erwärmung um 2,7 Grad ausgehen, wie sie unter der derzeitigen Klimapolitik zu erwarten ist, sind die Gletscher in der Region bald vollständig verschwunden. Das 1,5-Grad-Ziel – und damit die Chance, einen kleinen Teil der regionalen Gletschermasse zu erhalten – ist zwar noch erreichbar, aber das Zeitfenster schließt sich sehr schnell“, sagt Klimaexperte und Mitautor Fabien Maussion von dern Universitäten Innsbruck und Bristol.

Besonders besorgniserregend: Die regionalen Prognosen lassen sich überschlagsmäßig auch auf den Rest des Landes ausdehnen:  „Von den österreichischen Gletschern wird bis zum Ende des Jahrhunderts nicht mehr viel übrig sein. Wir haben viele kleine Gletscher, die aktuell stark schrumpfen und die schon in wenigen Jahren verschwinden werden”, so Lea Hartl vom Institut für Interdisziplinäre Gebirgsforschung der ÖAW.

Gletscher werden zu Toteis

Die Situation der Gletscher ist bereits so prekär, dass noch vorhandene Überbleibsel von Eis gar nicht mehr als Gletscher bezeichnet werden können. „Wir schauen den Gletschern beim Verschwinden zu. Eisreste, die keine Fließbewegung und kein Nährgebiet mehr haben, sind eigentlich keine Gletscher mehr. Man nennt das Toteis”, erklärt Hartl. 

In den Ostalpen sei der Gletscherverlust im Vergleich zu anderen Weltregionen bereits stark fortgeschritten, so die Forscher:innen. In vielen anderen Gebirgsregionen der Welt könne ambitionierte Klimapolitik noch einen entscheidenden Beitrag zum Erhalt der Gletscher leisten. Durch die gute glaziologische Datenlage in Österreich und die Expertise der unterschiedlichen Forschungseinrichtungen eigne sich die Region für Prozessstudien und Modellentwicklung, die zum besseren Verständnis weltweiter Gletscherentwicklungen beitragen.

Animationen:
Beispiel Hintereisferner
Weitere Gletscher in den Alpen
Credit: Patrick Schmitt, Universität Innsbruck

Publikation:
Hartl, L., Schmitt, P., Schuster, L., Helfricht, K., Abermann, J., and Maussion, F.: Recent observations and glacier modeling point towards near-complete glacier loss in western Austria (Ötztal and Stubai mountain range) if 1.5 °C is not met, The Cryosphere, 19, 1431–1452, 2025 doi.org/10.5194/tc-19-1431-2025 (Open Access)

Pressemitteilung der ÖAW

PEAK – Klima, Biodiversität und Nachhaltigkeit im Fokus
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Die menschengemachte Klimakrise hat bereits heute massive Auswirkungen, die sich künftig weiter verstärken werden. Der Weltklimarat zeigt klare Folgen und mögliche Maßnahmen auf. An der Universität Innsbruck forschen zahlreiche Expert:innen zu Klima und Nachhaltigkeit.

Mit dem Projekt PEAK (Perspectives on Engagement, Accountability and Knowledge) bündelt das Kommunikationsteam der Universität Innsbruck diese Expertise und präsentiert die Köpfe hinter der Forschung.

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