Konsumerlebnisse digital messbar machen und die Erlebnisse der Konsument:innen verstärkt ins Zentrum der Marketingmaßnahmen rücken – dabei geht es bei dem myZillertal Feel-Good Index (FGI), den Wirtschaftswissenschaftler:innen der Universität Innsbruck entwickelt haben.
„Wir wissen, dass die Performance-Messung im Tourismus derzeit noch einen starken Fokus auf Ankünfte, Nächtigungen und Umsatzzahlen legt. Das wird auch zukünftig seine Relevanz behalten, sagt aber wenig über die Angebotsqualität und über das Wohlbefinden der Gäste aus“, erklärt Dr. Bernd Reitsamer vom Institut für Management und Marketing an der Universität Innsbruck.
Als Ergebnis eines vom Land Tirol geförderten Forschungsprojektes hat er gemeinsam mit Prof. Nicola Stokburger-Sauer, Dr. Janina Kuhnle und dem Tourismusverband Mayrhofen-Hippach den myZillertal Feel-Good Index (FGI) entwickelt. Dabei handelt es sich um ein humanzentriertes Messinstrument, mit dem das Wohlbefinden der Gäste entlang der gesamten Customer Journey – also vor, während und nach dem Aufenthalt – erfasst und analysiert wird. „Der Feel-Good-Index bietet Destinationen eine detaillierte und dynamische Sicht auf die Wahrnehmung ihrer Gäste und bildet eine Alternative zu herkömmlichen Erfolgsindikatoren. Diese digitale Neuerung setzt neue Maßstäbe in der Erfolgsmessung von Destinationen und könnte die Zukunft des alpinen Tourismus nachhaltig verändern“, erklärt Bernd Reitsamer.
Das von den Wirtschaftswissenschaftler:innen entwickelte Befragungs-Tool verwendet benutzerfreundliche Skalen und kann flexibel über verschiedene Kanäle wie Apps, E-Mails oder QR-Codes in die Gästeerfahrung integriert werden. Im Rahmen einer Multi-Season Study, die über fünf Saisonen in der Modellregion Mayrhofen-Hippach im Tiroler Zillertal durchgeführt wurde, konnten die Wirtschaftswissenschaftler:innen wertvolle Erkenntnisse gewinnen. Insgesamt wurden 2.975 Gäste befragt, um die Destinationsleistung an verschiedenen Kontaktpunkten zu bewerten.
Zentrale Ergebnisse
Eine der zentralen Erkenntnisse dieser Studie: Gäste empfinden ihre Erwartungen und Erinnerungen oft positiver als das tatsächliche Erlebnis vor Ort. So wurde das Wohlbefinden vor und nach dem Aufenthalt deutlich besser bewertet als während des Aufenthalts selbst. Dieser „Gap“ ist im Sommer allerdings geringer als im Winter. Zudem konnten die Wissenschaftler:innen um Reitsamer auch einen Anstieg des FGI in Richtung Saisonende beobachten – Bestwerte wurden im März und September erzielt.
Während Aktivitäten wie Skifahren, Snowboarden und Wandern traditionell als Hauptattraktionen gelten, erzielten sie beim FGI keine Höchstwerte. Außergewöhnlich gut schnitten hingegen Angebote im Bereich Wellness und Kulinarik ab, insbesondere zu Beginn und am Ende der Saison. Auch Partyerlebnisse während der Wintersaison trugen stark zur positiven Retrospektive der Gäste bei.
„Unsere Ergebnisse bestätigen zudem, dass der FGI in allen Phasen, allen Saisonen und über alle Studien hinweg ein maßgeblicher Treiber für die Wiederbesuchsbereitschaft und Loyalität der Gäste war. – Ein wesentliches Merkmal für die zukünftige Nutzung als Kennzahl“, so Bernd Reitsamer. In den Modellen wurden auch Wetterdaten (Geosphere Austria) und Auslastungsdaten (Bergbahnen Mayrhofen) berücksichtigt. Weder das Wetter noch hochfrequente Tage im Skigebiet konnten das Gästeverhalten aber wesentlich beeinflussen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass es nicht nur auf die klassischen Kernangebote ankommt. Wellness, Kulinarik, Feiern und das gesellige Zusammensein sind wesentliche Faktoren, mit denen das Gästeerlebnis optimiert wird. Sie sind das sprichwörtliche ‚Salz in der Suppe‘. Für das Marketing lässt sich aus den Daten ableiten, wie wichtig die Interaktion mit dem Gast auch noch einige Wochen nach dem Urlaub ist, um die Wiederbesuchsbereitschaft zu erhöhen“, betont Andreas Lackner, Geschäftsführer des Tourismusverbands Mayrhofen-Hippach.
Künftig soll der Feel-Good-Index laut den Projektbeteiligten auch als Benchmarking-Tool für den Vergleich verschiedener Destinationen eingesetzt werden. Sie streben deshalb auch eine Ausweitung auf weitere Regionen Tirols und darüber hinaus an. „Unser Ziel ist es, den FGI langfristig als Instrument für die Erfolgsmessung im alpinen Tourismus zu etablieren“, erklärt Bernd Reitsamer.